Entwicklung der Modellbahnsteuerung

Kritik und Perspektiven


Das bisher noch verbreitete Hobby „Modelleisenbahn“ wird bestimmt durch die Technik seiner Bedienung und ist deshalb abhängig von den verwendeten Steuersystemen. Letztere bestimmen die Vorbildtreue des Modellbahnbetriebes[1]. Die Modellbahnsteuerung selbst ist in den vergangenen mehr als 100 Jahren Geschichte des Modellbahnwesens mehrfach der technischen Entwicklung angepasst worden und befindet im Zeitalter der Computer- und Netzwerk-Technik zweifellos vor einer weiteren Neuerung, der drahtlosen, digitalen Übertragungstechnik mit WLAN, gewissermaßen Modellbahn-Steuerung 4.0.

Die Modellbahn-Steuersysteme bestimmen in entscheidendem Maße das Niveau der Vorbildtreue, an die Modelleisenbahner hohe Ansprüche stellen. Sie geben sich nicht mit einfachen Lösungen zufrieden, die vielleicht den Spieltrieb befriedigen aber nicht den Anspruch an die Vorbildtreue.

Beschränkt wird die Vorbildtreue nur durch den in der jeweiligen technischen Periode vorhandenen Entwicklungsstand der Steuerungstechnik und durch zum gegebenen Zeitpunkt unüberwindliche Gegebenheiten des Modellmaßstabs, die dem Anwender gewisse Kompromisse abverlangen. Dabei gilt immer die Forderung, möglichst zeitnah den realen technischen Entwicklungen zu folgen und das Niveau der Vorbildtreue stets zu heben.

 

 

Die Perioden der Modellbahn-Steuertechnik

In der Anfangszeit des Modelleisenbahnwesens gab es die Periode[2] 1 mit mechanischen Stelleinrichtungen, vorwiegend Hebel, und Federwerken als Antrieb. Noch vor dem 2. Weltkrieg begann die Periode 2 mit der Anwendung elektromechanischer und elektromagnetischer Mittel. Daraus entstand die heute so benannte „analoge Modellbahnsteuerung“. Mit ihr konnten erheblich mehr Modellbahnfunktionen ferngesteuert werden.

Die Periode 2 dauert zum Teil bis heute an, vor allem für einfache Modellbahnfunktionen. Sie ist bis heute gekennzeichnet von intensiven Bestrebungen der führenden Hersteller von Modellbahnprodukten, ihre Produkte gegenseitig voneinander abzugrenzen, wodurch sie inkompatibel wurden. Nur mit der Initiative und zähen Bemühungen war es den Organisationen[3] der Modelleisenbahner möglich, wenigstens Grundstandards im mechanischen und elektrischen Bereich einzuführen.

Trotzdem hängen einige Modelleisenbahner-Gruppen diesen Bestrebungen der Abgrenzung an und betreiben damit gewissermaßen einen Kult, obwohl insbesondere die Vorbildtreue darunter leidet.

Überlappend mit dieser Technik entstanden in den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts mehrere der seriell arbeitenden digitalen Steuersysteme der Periode 3. Alle benutzen eine Netzwerktechnik mit dem Gleissystem als Netz, was den Fortfall vieler Leitungen möglich machte. Da Trägerfrequenzen verwendet werden, ist nach heutiger Lesart ein drahtgebundenes örtliches Übertragungssystem (LAN) gegeben.

Die Trägerfrequenzen befinden sich im Tonfrequenzbereich, was die Übertragung der Steuersignale sehr langsam macht[4]. Die Verkopplung mit der Energiezufuhr und die Übertragung über das Gleis mit allen seinen Kontaktproblemen belastet das System zusätzlich durch Störeinflüsse.

Aus der Sicht des Ingenieurs sind diese digitalen Steuersysteme so etwas, wie die Krücken für einen Gehbehinderten. Verhinderten sie zunächst noch viele bereits in der analogen Steuertechnik angewendete vorbildgetreuere Modellbahn-Betriebstechniken. Hatte doch die Findigkeit vieler aktiver Modelleisenbahner zu vielen Steuer-Schaltungen mit Relais- und  Halbleiter-Techniken zur Verbesserung der Vorbildtreue geführt. Was oft zu Standards führte.

Erst nach Einführung ergänzender Baugruppen wurden diese Nachteile mehr oder weniger behoben. Aber der Vorteil der Reduzierung der Leitungssysteme wurde damit teilweise wieder aufgehoben, weil die genannten Komponenten weitere Verbindungsleitungen erforderten.

Festzuhalten ist aber, dass es zum Zeitpunkt ihrer Einführung für die digitalen Gleissysteme trotz ihrer Inkompatibilität untereinander kaum bessere technische Lösungen der Modellbahnsteuerung gab.

 

Die systembedingten Unzulänglichkeiten der Modellbahn-Steuertechnik

Die elektrische Modellbahnsteuerung krankt seit ihrer Entstehung immer noch an ihren systembedingten technischen Unzulänglichkeiten. Als im übertragenen Sinne „Gebrechen von Geburt an“ sind es zwei wichtige Faktoren, die die Vorbildtreue behindern und durchweg alle Nenngrößen betreffen:

 

1. die Beherrschung des für die Steuerung der vielen dezentral in der Anlage verteilten Modellbahnobjekte notwendigen Leitungssystems und

2. die sowohl bei der analogen wie der digitalen Modellbahnsteuerung vorhandene Technik der Kopplung von „Energie und Information“.

 

Das Leitungssystem zu gestalten ist von Anfang an eine schwierige Aufgabe, die wegen oft fehlender Fachkenntnisse für Modelleisenbahner oder Interessenten schwer zu lösen war und noch ist, unabhängig von Nenngröße und Steuersystem. Es gilt, je mehr Funktionen zu steuern sind, desto mehr Leitungen gibt es. Viele haben das Hobby deswegen aufgegeben, andere haben sich in Vereinen mit Fachleuten zusammen getan. Die zwangsläufig wegen der Einspeisung über die Gleise vorhandene  Kopplung von „Energie und Information“ meint die Kombination der Energiezuführung für das Fahren der Fahrzeuge und die auf gleichem Medium erfolgende Übertragung der Steuersignale für dessen Beeinflussung.

Das ist die Ursache für viele Mängel, Unzulänglichkeiten und Abweichungen von der Vorbildtreue, die die Steuerung der Modellbahn beeinträchtigen. Anfangs waren es Unzulänglichkeiten des Betriebsverhaltens der Fahrzeuge bei Analogbetrieb, später insbesondere die auf die technischen System-Parameter gerichteten Störeinflüsse bei Digitalbetrieb, der oben so bezeichneten „Krücke“ des Gehbehinderten.

Diese beiden technischen Unzulänglichkeiten bestehen trotz aller technischen Fortschritte bis heute. Nur die Qualität der Einflüsse hat sich geändertDer Vergleich mit Flugzeug-, Schiffs- und Straßenfahrzeug-Modellbau beweist, dass die Trennung von Energie und Information notwendig ist. Denn diese Modelle haben die Energiequellen an Bord und die Steuerinformationen erreichen sie mit Funk. So werden viele Betriebs-Störeinflüsse vermieden, unter denen die Modellbahn noch leidet.

Das heißt nicht, dass Akkumulatoren an Bord der Modellbahnen sein sollten. Obwohl, in Sonderfällen kann man durchaus darüber nachdenken. Aber im Regelfall soll die Stromversorgung nach wie vor über die Schienen erfolgen, mit einer konstanten Betriebsspannung, nicht mit dem komplizierten Gemisch der Gleissignale. Die konsequente Weiterführung der Gedanken führt zu der Forderung, das Prinzip der Trennung mit den modernen Mitteln des sehr schnellen WLAN-Netzwerkes zu realisieren. Die WLAN-Technik mit ihrer hohen Daten-Übertragungsgeschwindigkeit verringert den Einfluss von Störeinflüssen entscheidend,

 

Der Einsatz moderner Übertragungstechniken

 

Jedes über beliebige Strecken ausgedehnte Daten-Übertragungssystem besitzt Endgeräte für die Aufbereitung der übertragenen Daten bzw. Steuersignale an jedem seiner beiden Enden, was auch für die Übertragungssysteme der Modellbahn mit seinen Endgeräten[5] gilt.

Die Kommunikation in zwei Richtungen ist notwendig, weil sie erst dadurch vollständig wird. Die dezentralen Teilnehmer müssen sich anmelden, Befehle quittieren und Ergebnisse, Messwerte, Zustände melden können. Was bei vielen einfachen Funksystemen nicht möglich ist bzw. war. Mit dieser Technik wird erst eine vollständige, auch automatisierbare Modellbahn-Steuerung möglich und ist nicht nur auf die Beobachtung der Bediener angewiesen.

 

Diese Geräte stellen die bidirektionale Verbindung (- in beiden Richtungen-) zwischen den Stell- und Anzeigeeinrichtungen der Steuerzentralen einerseits und den in der Anlage verteilten mobilen und stationären Modellbahnobjekten (Fahrzeuge, Weichen, Signale usw.) andererseits her. Die Verbindung zwischen den Endgeräten erfolgt bei modernen Techniken drahtgebunden (LAN) oder drahtlos (WLAN). WLAN ist eine digitale, bidirektionale Funk-Datenübertragungstechnik, mit der lokale Netzwerke (- vergleichbar mit einem Telefonnetz -) errichtet werden können.

Diese Technik besitzt eine weitaus höhere Qualität als die bisher eingesetzten analogen Funktechniken bei großen Nenngrößen.

In der Konsequenz bedeutet das, dass alle Endgeräte der dezentralen Modellbahnobjekte, also Steuermodule, Lokdecoder, Funktionsdecoder usw. mit WLAN-Schnittstellen ausgerüstet werden müssen.

Für die Steuerzentrale, Fahrregler usw. sind die Voraussetzungen deutlich besser, denn da die WLAN-Technik in der Kommunikationstechnik, der Computertechnik, auch bei Heim-Computern, verbreitet eingeführt ist und mit allen notwendigen Komponenten zur Verfügung steht, ist sie auch für die Modellbahn-Steuerung nutzbar (siehe Bild). Mit entsprechender Software entsteht mit der PC-Technik eine kostengünstige Lösung der zentralen Steuerung mit virtueller Darstellung der Gleisbild-Stellpulte.

 



[1] Modellbahn ist die Kurzform von Modelleisenbahn, wie auch Modellbahner für Modelleisenbahner.

[2] Nicht zu verwechseln mit den auf die Modellbahn übertragenen Epochen der Vorbild-Eisenbahnen.

[3] Verband der Modelleisenbahner und Eisenbahnfreunde Europas MOROP seit 1954, Verbände und Vereine in den Ländern Europas.

[4] Das Übertragungssystem ist etwa vergleichbar mit dem der Bandspeichertechnik des Heim-PC „Commodore C64“ der 80-er Jahre.

[5] Die Endgeräte heißen nur anders, z. B. Lokdecoder, Funktionsdecoder, Steuermodul usw.

 

 


Übertragungssystem der Modellbahn-Steuerung

 

(Viele an das Übertragungssystem angeschlossene Modellbahn-Objekte bilden ein Netzwerk!)


Unter diesen Bedingungen ist jetzt die Einführung des WLAN-gestützten Modellbahn-Steuersystems für alle Nenngrößen möglich. Nicht nur für die großen, sondern auch die kleinen Nenngrößen. Spezielle integrierte Schaltkreise sind so klein, dass entsprechend damit ausgestattete Geräte es möglich machen, auch bei Lokdecodern.Nicht nur für die großen, sondern auch die kleinen Nenngrößen. Integrierte Schaltkreise machen es möglich. Das könnte das universale und zu allen Techniken kompatible Standard-Steuersystem der ab jetzt möglichen Periode 4.0 sein.

 An die vollständige Einführung dieser Technik ist zwar derzeit noch nicht zu denken, offensichtlich ist die Industrie noch nicht so weit oder nicht willens, sie umfassend einzuführen. Aber es gibt bereits einige Anwendungen bei der Kopplung zwischen mobilen Fahrreglern und Steuerzentralen. Das führt zu der Frage, weshalb die WLAN-Datensätze der mobilen Fahrregler erst über die Steuerzentrale geführt werden und nicht direkt zu den Endgeräten/Steuermodulen der Modellbahnobjekte?

Mit der Einführung der WLAN-Übertragungstechnik würden die langsamen und störanfälligen  digitalen Gleissignale überflüssig werden. Das ist der neuen Technik geschuldet, ähnlich dem Verschwinden der Video-Kassette, die von der DVD ersetzt wurde. Denn die WLAN-gestützten Objekt-Endgeräte entnehmen die Steuerdaten direkt aus dem WLAN-Datensatz. Bei dieser Technik werden die digitalen Lokdecoder durch die modernisierten WLAN-Lok-Steuergeräte ersetzt und stationäre Objekte erhalten WLAN-Endgeräte bzw. die passenden Steuermodule. In Anlehnung an den verbreiteten Sprachgebrauch werden sie hierals  „Mobildecoder“ und „Stationärdecoder“ benannt.

Natürlich können durch Mehrsystem-Lösungen die Gleissignale bei Inkaufnahme der geringeren Betriebssicherheit aus Nachhaltigkeitsgründen vor Allem bei bestehenden Modellbahnanlagen beibehalten werden. Ohnehin wird für ihre Umrüstung Zeit benötigt.

 Bei Neuanlagen empfiehlt sich die Anwendung des reinen WLAN-Steuersystems mit einer konstanten Betriebsgleichspannung. Das ist die Modellbahn-Steuertechnik der Zukunft!

 

Warum neue Steuertechniken?

 

Das neue System wird dringend als wichtiger Anreiz gebraucht, nicht nur, weil es viel schneller und störungsfreier ist, bidirektional arbeitet und das Leitungssystem wirklich entscheidend reduziert, sondern weil sich das Modellbahnwesen in einer entscheidenden Phase befindet. So ermöglicht es jedem Modelleisenbahner, seine Haupttätigkeiten vor allem der Anlagengestaltung zu widmen.

Denn das Modellbahnwesen steht nach einer langen Boomperiode etwa seit der Jahrtausendwende vor einem Wendepunkt. Die Ursache dafür ist in dem bereits wirkenden Generationswechsel der Modelleisenbahner und anderer Liebhaber der Modellbahn zu suchen.

Die stürmische Entwicklung der elektronischen Medien lenkt die Aufmerksamkeit der Jugend auf diese Techniken, weg von der Modellbahn. Hinzu kommt der umfassende Wandel hin zu WLAN-Netzwerktechniken wie „Smartphone, Smarthome“. Warum keine „SmartRail-Tec oder SmartRail-Control“?

Außerdem werden durch den gesellschaftlichen Wandel bei vielen Interessenten die Zeitfenster zur Beschäftigung mit der Modellbahn immer kleiner. Die fehlende Verjüngung der Mitglieder in Modellbahn-Vereinen zeigt das bereits verbreitet. Folge dieser Entwicklung ist die Verschiebung des Modellbahnwesens auf ein Abstellgleis am äußersten Rand.

Aus der Sicht des Verfassers hat das Modellbahnwesen nur dann eine Zukunft weg von seinem perspektivisch denkbaren Aschenputtel-Dasein, wenn die Modellbahnindustrie sich endlich mit der umfassenden Standardisierung der Modellbahnsteuerung unter Beachtung der betriebstechnischen Abläufe des Eisenbahnwesens befasst und so das Modellbahnwesen zukunftsfähig macht.

Das wirft beim Verfasser dieser Schrift die Frage auf, weshalb sich auf Nachfrage weder Industrievertreter noch Fachzeitschriften dem Thema WLAN-Netzwerk-Steuersystem öffnen wollen. Warum sollen Modellbahner nicht wissen, dass es deutliche Verbesserungen der Modellbahn-Steuertechnik geben kann? Schließlich sind funkgestützte Steuertechniken bei der Modellbahn nichts Neues. Neu ist, dass sie für alle Nenngrößen einsetzbar werden und bedeutende Verbesserungen ermöglichen. Also, warum die Zurückhaltung?

Liegt der Grund etwa darin, dass man die Gleissignal-Techniken, nachdem sie nun eine hohe Reife erlangten, noch möglichst lange erhalten will? Das ist aber ein Fehler, denn die Geschichte zeigt immer wieder, dass eingeführte Techniken von Neuen abgelöst wurden. Die Dampflokomotive hatte ihre höchste Reife erreicht, als Diesel- und E-Loks längst im Einsatz waren und ihr die Arbeit wegnahmen. Das Festhalten an alter Technik führt zu Zeitverlusten bei der Einführung der Neuen.

Eisenbahnen wird es immer geben, vielleicht anders als wir sie heute kennen, aber Modelleisenbahnen nur, wenn ihr Aufbau und Gebrauch bei Erhalt oder Verbesserung der Vorbildtreue entscheidend einfacher wird. Noch sind die Vertreter der älteren Generation greifbar, die ihre oft mit Akribie gestalteten Anlagen unter Inkaufnahme vieler Anstrengungen mit Idealismus ihren Ausstellungsbesuchern vorführen. Was bleibt ohne sie? Einerseits überalterte und stillgelegte, ja demontierte Vereinsanlagen und anderseits die perfektionierten professionellen Großanlagen. Auf die der Besucher oft mit staunenden Augen untätig starrt.

Aber Modellbahn ist Selbsttätigkeit!

 

Der Einfluss der Modelleisenbahner auf die technische Entwicklung

Wie eingangs festgestellt, gab es seit der MOROP-Gründung gemeinsame Normarbeit mit der Modellbahnindustrie auf dem Gebiet der mechanischen/elektromechanischen Techniken der Modellbahn. Andernfalls könnten wohl kaum gut gestaltete Modellbahnfahrzeuge eines Herstellers auf den Gleisen eines anderen Herstellers fahren.

Die nach 1960 beschleunigt einsetzende Entwicklung der Mikroelektronik wurde von Teilen der Modelleisenbahner wie auch von einigen Herstellern regelrecht verschlafen, so dass es in der Eile nach dem Aufwachen, wie anfangs bei der Modellbau-Mechanik (Fahrzeuge, Gleise usw.) nun auch im Bereich der elektronischen Modellbahnsteuerung zu einer in heutiger Sicht nicht vertretbaren Vielfalt einschlägiger Produkte, Systeme und Verfahren kam. Die Möglichkeiten der Schaffung eines Standards wurden verpasst.

Für einige der neuen Hersteller des Sektors schien leider auch eher der Effekt als die Vorbildtreue relevant zu sein. Das äußert sich oft darin, dass Produkte der Modellbahn-Steuertechnik auf Kosten von Kompatibilität und Universalität von anderen Produkten beispielsweise durch verschiedenartige Verbindungstechniken (Steckverbinder u. a.) abgegrenzt werden.

Die Modellbahn-Steuertechniken wurden bisher nicht als Ganzes gesehen, sondern immer begrenzt auf Teilsysteme. Da letztere aber wie beim Vorbild vielfältig verknüpft sind, macht sich das Fehlen von Standards bei Schnittstellen, Kommunikation, Übertragungstechniken und Information als entscheidender Mangel bemerkbar.

Bemühungen um eine Eingrenzung oder gar Standardisierung dieses Technikzweiges durch die Technische Kommission des MOROP in den 90-er Jahren liefen bis auf Ausnahmen anfangs ins Leere oder wurden nicht akzeptiert. Entweder fehlten notwendiges Verständnis und Unterstützung durch Mitglieder der Technischen Kommission oder die Akzeptanz der Industrie, die nicht über ihren eigenen Topfrand hinaus schauen wollte und Eigenentwicklungen den Vorzug gab. Obwohl die Elektrotechnik/Elektronik/Kommunikationstechnik allgemein viele diese Standards und Systematiken besitzt und ohne diese nicht existieren könnte.

Trotzdem bemühte sich die Technische Kommission des MOROP in Kenntnis der Vielfalt der der verschiedenen technischen Lösungen, mit der Veröffentlichung der NEM 601[1] im Jahre 2006 Systemstrukturen der Modellbahnsteuerung festzulegen.

Mit dieser Norm wurden die Grundstrukturen des Modellbahn-Steuersystems vorgestellt. Es werden vier Entwicklungs- bzw. Ausstattungsstufen der Steuersystem-Struktur definiert, von der klassischen Schaltungstechnik (Stufe 0) bis zur drahtlosen Fernsteuerung mit einem Informations-Übertragungssystem (Stufe 3). Letzteres ist nach heutigem Entwicklungsstand die durch die Computertechnik verfügbar gewordene örtliche drahtlose digitale Netzwerktechnik (WLAN).

Nach 2012 wurde ein auf die Entwicklung eines Standard-Modellbahnsteuersystems gerichtetes Paket an NEM-Normen[2] eingeführt, dass in vielen Einzelheiten nicht den vorhandenen Ansprüchen genügt oder bereits technisch überholt ist.

Bei dem heutigen technischen Niveau der Elektronik macht es keinen Sinn, Systemkomponenten einer Übertragungskette als Teilsysteme darzustellen. Es ist eher auf ihre Zusammenfassung in leistungsfähige Komplexe zu achten. Von Bedeutung sind aber die darin vorgeschlagenen Steuermodule für stationäre Objekte, die dezentralen Endgeräte. Allerdings sind ihre Funktionen erheblich auszuweiten, um die Leistung modernerer Techniken zu nutzen und Anwendungs- und Bedienungs-Erleichterungen zu ermöglichen.

Davon abgeleitet wäre die Standardisierung der Schnittstellen stationärer Objekte, wie Weichen, Signale u.a. ganz dringend erforderlich, damit endlich das Durcheinander der losen Anschlussleitungen und der Schraubklemmen aufhört.

Die Betrachtung allein der Lokdecoder-Liste namhafter Hersteller zeigt, wie planlos Varianten von Decoder-Schnittstellen auf Wunsch der Industrie vom MOROP genormt wurden. Da diese Norm-Schnittstellen in verschiedene Fahrzeugmodelle eingebaut wurden, müssen entsprechende Decoder für alle Varianten vorgehalten werden.

Die Schnittstellen ermöglichen das direkte Aufstecken der Stationärdecoder auf die Objekte bzw. ihrer Antriebe im „Huckepack-Verfahren“, wenn sie genügend klein sind. Mobildecoder sind deshalb wegen ihrer Kompaktheit und Leistungsfähigkeit besonders dafür geeignet, wobei sie gegebenenfalls dafür modifiziert werden müssten. Und für sie sind auch die Schnittstellen schon genormt. Leitungen werden nur für die Stromversorgung oder externe Einrichtungen notwendig, wie z. B. für die Stromversorgung von Weichen-Herzstücken.  .

 

 

Die Perspektiven des Modellbahnwesens

Die bedeutendsten Errungenschaften der netzwerkgestützten drahtlosen Modellbahn-Steuersysteme sind neben dem Wegfall der Gleissignale die Vereinfachung und Reduzierung der Leitungssysteme, der Verkabelung der Modellbahnanlagen. Denn für die Menge der Anwender ist der Aufbau des Leitungssystems das bedeutendste Hemmnis für die Gestaltung der Modellbahnanlage.

Wäre es nicht eine begeisternde Vorstellung, wenn an jedem Weichenantrieb, an jedem Signal und an den vielen anderen Modellbahn-Objekten eine kleine Elektronikplatine mit den Abmessungen eines Lokdecoders angebracht wäre, deren Steuerung sich nach dem Einschalten der Stromversorgung sich selbstständig mit ihren Steuerdaten bei der Modellbahn-Steuerzentrale anmeldet und dann sofort betriebsbereit ist?[3] Wenn keine komplizierten Leitungsverbindungen hergestellt werden müssen, außer einem einfachen zweipoligen Anschluss der Betriebsspannung (Schutzkleinspannung!).

In ähnlicher Weise melden sich die mit dem WLAN-Chip bestückten Decoder der Fahrzeuge bei der Steuerzentrale. Das ist keine Utopie, das muss nur gemacht werden! Mit hoher Sicherheit wird es für diese Technik viele Interessenten geben.

Bei der Steuersystem-Gestaltung muss der Grundsatz gelten, aus anderen Bereichen bewährte Techniken einzusetzen, insbesondere aus der Computer-, Elektrotechnik-, Elektronik- und Steuertechnik, um deren Ressourcen zu nutzen und um weitgehend überflüssige Neu-Konstruktionen und -Entwicklungen zu vermeiden. Was wiederum auf die WLAN-Technik zutrifft.

Abschließend soll der ökonomische Faktor nicht unerwähnt bleiben, denn Standardisierung des Steuersystems und seiner Komponenten bringt größere Losgrößen und damit Kostensenkung. Die elektrisch/elektronischen Komponenten sind für alle Nenngrößen und Anlagen-Arten und -Größen universal einsetzbar. Nur die zu installierenden Leistungen weichen davon ab. Deshalb ermöglichen auch Gestaltungsstandards der Geräte eine Verbesserung ökonomischer Faktoren.

Diese Einflüsse sind unbedingt zu beachten, weil manche Anschaffungskosten von Modellbahntechnik unvertretbar hoch sind. Hier ermöglichen größere Losgrößen wiederum Investitionen bei moderneren und effektiveren Produktionstechnologien. Auch Arbeitsteilung und Spezialisierung sind durchaus zu berücksichtigen.

OEM[4]-Ausführungen der Geräte sollten selbstverständlich sein. Bekanntlich benötigen mit Schutz-Kleinspannung betriebene Baugruppen (Leiterplatten), vorwiegend unter der Anlage angeordnet oder hinter Modellbauten verborgen, im Regelfall keine aufwendigen Gehäuse, sondern einfache Montagehilfen. Letztlich erleichtert das auch das Handling der Baugruppen bei Aufbau und Reparatur.

Im Vordergrund aller Bemühungen muss stehen, die technischen Ausstattungen der Modellbahnobjekte aus ihrem oft immer noch recht einfachen Zustand herauszuholen und dem gegenwärtigen technischen Entwicklungstand anzupassen. Alles, um dem Modelleisenbahner ihre Anwendung zu erleichtern. Dabei sollten neue Techniken, Systeme und Verfahren zur Überwindung fehlender Kompatibilität, unzureichender Universalität und mangelhafter Standardisierung kein Tabu sein. Wäre die Entwicklung und Konstruktion dieses neuen Steuersystems nicht eine schöne Gemeinschaftsaufgabe für die Industrievereinigung RailCom? Oder warten wir auf Silicon Valley?

Der Verfasser dieses Textes sieht in der WLAN-Technik vielleicht eine letzte Chance, ein umfassend universelles und zu allen Modellbahn-Komponenten kompatibles Standard-Modellbahnsteuersystem zu entwickeln und einzuführen. Es soll das Mittel sein, alle bisherigen Systeme, alle mobilen und stationären Modellbahnobjekte bis auf wenige Ausnahmen gemeinsam zu betreiben.

Es ist zu erwarten, dass sich die nunmehr veraltete  Technik der Gleissignale aus Periode 3 noch eine Zeit neben der neuen Technik halten wird, aber wie die Magnetbandkassette der DVD wich, so wird sie von der WLAN-Technik der Periode 4 ersetzt werden. Oder das Modellbahnwesen verschwindet in der Historie!

Andererseits ist zu erwarten, dass einfachere, weniger arbeitsaufwendige Steuergerätetechnik einschließlich effektiver, teils bereits vorhandener Software den Anwendern Anreize bietet, sich wieder vermehrt mit dem Modellbahnwesen zu befassen. Wer mit einem Smartphone umgehen kann, kann auch diese neue Modellbahn-Steuertechnik beherrschen.

Gerade hierfür Anregungen zu geben, soll das Ziel dieses kritischen Textes sein.

 



[1] NEM = Normen des Europäischen Modellbahn-Verbandes MOROP,

[2] NEM 690 ff, 606.

[3] Das Prinzip ist ähnlich dem der Anmeldung eines Druckers bei seinem Computer.

[4] Baugruppen, die zum Einbau in andere Geräte gedacht und deshalb z. B. ohne Gehäuse sind (siehe Beispiel Lokdecoder).